Persönlichkeit entwickeln – Wie geht das?

21. März 2024: Persönlichkeits-Entwicklung ist heute in aller Munde. Aber wofür soll dieser Trend gut sein? Und wie geht das? In diesem Blog erfährst du, warum die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit so wichtig ist, wie sie gelingen kann und welche Rolle Arbeitgeber dabei übernehmen.

Warum die eigene Persönlichkeit entwickeln?

In einer Welt, die ständig im Wandel ist, zunehmend schnelllebig, komplex und unsicherer wird, ist Halt im Aussen kaum mehr möglich. Wir müssen uns wieder selbst Kraft und Orientierung geben aus unserem Inneren heraus: Das heisst, innere(n) Halt(ung) entwickeln.

Durch Rückverbindung mit uns selbst können wir Wesentliches von Unwesentlichem trennen und werden so entscheidungs- und handlungsfähig. Selbstverbindung bewirkt nicht nur innere Stärke, Klarheit und Gelassenheit, sie schafft auch Sinnhaftigkeit, Motivation und Resilienz.

Persönlichkeits-Entwicklung ist keine einfache Aufgabe. Nebst Zeit und Neugier erfordert sie die Bereitschaft, sich selbst zu hinterfragen und neue Denk- und Handlungsweisen auszuprobieren – also auch ziemlich viel Mut. Es ist kein linearer Prozess mit Anfang und Ende, sondern eine spiralförmige, lebenslange Reise zu und mit sich selbst. Ausdauer, Geduld und Selbstmitgefühl sind also gefragt.

Was blumig klingt, ist auch blumig gemeint

Wenn wir über Persönlichkeitsbildung sprechen, ist oft die Rede von «Entfaltung» oder «Entwicklung».

Das Wort «Entfaltung» impliziert, dass alles bereits in uns angelegt ist – vielleicht ungelebt, verborgen, vergessen. Und wir uns «nur» zu entfalten brauchen – wie eine Blume – um ganz der Mensch zu werden, der wir schon sind.

Der Begriff «Entwickeln» lädt ein, unseren Lebensfaden zu ent-wickeln und zu ent-wirren.

Bringen wir die beiden Begriffe zusammen, ergibt sich dieses Bild: Wir müssen weder jemand anders werden, noch Fähigkeiten lernen, die nicht in uns angelegt sind. Ein Grossteil von Persönlichkeitentwicklung oder -entfaltung liegt im VER-lernen von Mustern, Verhaltensweisen und Glaubenssätzen, die uns im aktuellen Leben nicht mehr dienen oder uns sogar behindern, selbstbestimmt und frei durchs Leben zu gehen.

    Persönlichkeit entwickeln – Selbstzweck oder Beitrag für eine regenerative Gesellschaft?

    Echte Persönlichkeitsentwicklung kann – im Gegensatz zu Selbstoptimierung – nie nur Selbstzweck sein. Denn wenn wir uns ehrlich begegnen, Authentizität, Achtsamkeit und Selbstakzeptanz kultivieren, wird dies in unsere Begegnungen und Beziehungen miteinfliessen – unabhängig davon, ob wir als Führungskraft, Freundin, Vater, Tochter, Liebhaber etc. agieren. Unser Sein gestaltet jede Begegnung mit, berührt und inspiriert andere Menschen und löst so einen Welleneffekt aus – wie ein Stein, den man ins Wasser wirft. Das wirkt automatisch auf das Kollektiv unserer Gesellschaft ein, also auf die Art, wie wir Beziehungen gestalten. Wenn wir an und mit unserer Persönlichkeit arbeiten und versuchen, uns selbst zu entfalten, leisten wir unweigerlich einen Beitrag an eine regenerative Gesellschaft.

    Wie kann das gelingen?

    Persönlichkeitsentfaltung kann in drei Phasen unterteilt werden, wobei sich diese nicht nur nacheinander, sondern teilweise auch parallel zueinander erforschen und bearbeiten lassen. Und sich miteinander vermischen.

    Phase 1: Über achtsame Selbstwahrnehmung und Reflexion, hin zur Selbstehrlichkeit

    Alles beginnt mit Achtsamkeit. Denn Achtsamkeit ist die Praxis, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein und dabei Gedanken, Gefühle und Umgebung bewusst wahrzunehmen. Achtsamkeit ist Voraussetzung für Reflexion.

    Selbstreflexion bedeutet, über sich selbst, das eigene Verhalten, Ziele, Werte und Weltanschauungen nachzudenken. Mehr dazu findest du in meinem Blog «Reflexion als Entwicklungsbeschleuniger».

    Durch Selbstwahrnehmung und -reflexion gewinnen wir ein tieferes Verständnis für unsere Bedürfnisse, inneren Antreiber und Verhaltensweisen. Wir lernen unsere Gefühle besser kennen und die Gründe dafür. Das kann auch mal ganz schön schmerzhaft sein, ist aber eine grundlegende Voraussetzung für Selbstentwicklung und der erste, sowie vielleicht wichtigste Schritt in dahin.
    Dies erläutere ich gerne an einem Beispiel:

    Beispiel aus der Praxis

    Claudia arbeitet mit Lars zusammen. Er erhält spontan ein Lob vom Chef. Claudia spürt, dass dies bei ihr ein Gefühl auslöst. Bei genauerem «hinfühlen» stellt sie Neid fest. Sie empfindet dies als ein negatives Gefühl und möchte es am liebsten so schnell wie möglich weg haben.

    Claudia ist bereits auf der richtigen Spur: Erstens: Lässt sie ein (unangenehmes) Gefühl zu und ist am hinspüren. Zweitens: Kann sie das Gefühl benennen: Neid in diesem Fall. Diese Erkenntnis schafft Ordnung, denn der Verstand will bei der Selbstentwicklung auch mitgenommen werden und ist für die reflexiven Schritte wichtig. Drittens: Erkennt Claudia, dass sie eine Ablehnung gegen Neid hat und kann darüber ein Konzept/eine Wertung von sich entdecken, wie die Welt oder «man» oder sie zu sein hat. Viertens: Über das Anerkennen «Ja, ich habe dieses Gefühl» wird Claudia selbstehrlich.

    Phase 2: Selbstannahme und Akzeptanz

    Uns selbst – auch ungeliebte Aspekte von uns – zu akzeptieren, ohne uns von ihnen definieren oder beherrschen zu lassen, ist ein wichtiger nächster Schritt. Durch Selbstakzeptanz befreien wir uns von unrealistischen Erwartungen und schaffen ein Fundament für mögliche Veränderung.

    Ein weiteres Beispiel zur Veranschaulichung:

    Beispiel aus der Praxis

    Paul stellt sich auf die Waage und sieht: Da sind 5kg dazu gekommen und die sind zuviel. Paul sagt sich: «Die Waage ist immer etwas ungenau.» oder «Ach, das sind wahrscheinlich nur die Weihnachtskilos, das ist nächste Woche weg» oder «Ich habe halt schwere Knochen.»

    Solange Paul sich etwas vormacht und sich in Ausreden verliert, ist er weder ehrlich zu sich selbst, noch in der Akzeptanz mit der Situation.

    Aus dieser Haltung heraus wird er nicht genügend Entschlossenheit, Klarheit und Disziplin aufbringen können, um gegebenenfalls abzunehmen. Das wird erst möglich, wenn er sich eingesteht, dass er 5kg zuviel wiegt und das eine aktuelle Tatsache ist.

    Dann erst kann er den nächsten Schritt ernsthaft gehen und sich fragen, was er jetzt tun will. Sind die Kilos ok? Möchte er abnehmen? Möchte er sich in Form bringen?

    Erst wer in voller Akzeptanz ist, wird bereit für den nächsten Schritt.

    Phase 3: Entwicklung von spezifischen Qualitäten, Werten und Verhaltensweisen

    Wenn wir wissen, wo wir aktuell stehen und welche Werte oder Verhaltensweisen unser Leben prägen, können wir entscheiden, wie es weiter gehen soll. Was behalten wir bei? Was wollen wir verstärken? Was gilt es zu verändern oder ganz loszulassen?
    Indem wir eine realistische und sinnhafte Vision entwerfen, geben wir unserem Leben Orientierung, Ausrichtung und Fokus. Dies hilft uns, im Alltag Klarheit darüber zu haben:

    • WAS wir tun wollen und welche Prioritäten wir setzen und
    • WIE wir unsere Ziele ereichen wollen – mit welcher Haltung, bzw. Art und Weise

    So können die spezifischen Qualitäten unserer eigenen Persönlichkeit Schritt für Schritt lebendig werden– für mehr Authentizität, innere Stärke, Klarheit, Gelassenheit, Zufriedenheit und Resilienz!

    Persönlichkeitsentwicklung: Privatsache oder Verantwortung des Arbeitgebers?

    Die kurze Antwort ist: Es braucht beide Parteien! Das Individuum muss die Neugier, den Mut und die Bereitschaft zur Selbstreflexion und Veränderung aufbringen – ohne eigenes Wollen wird ein solches Vorhaben scheitern.

    Es braucht aber – deutlich mehr als heute – die Wirtschaft und Arbeitgebenden, deren steigende Ansprüche innere Klarheit und Stärke voraussetzen, um erfolgreich sein zu können. Besonders in einer Zeit, in der künstliche Intelligenz eine Vielzahl von Aufgaben und Entscheidungen übernehmen kann, werden Authentizität, Menschlichkeit, Werteorientierung und Intuition zu wichtigen Ankern in der Arbeitswelt. Arbeitgeber müssen die Entwicklung von Persönlichkeit noch mehr unterstützen, ohne kurzfristigen Output zu erwarten. Im Vertrauen, das reife, geklärte Persönlichkeiten nicht nur sich selbst, sondern das Unternehmen weiterbringen werden.

    Du möchtest dich auf den Weg machen oder bist bereits unterwegs und möchtest dich begleiten lassen? Setze dich gern mit mir in Verbindung und wir schauen deine konkrete Situation detailliert an.

    Herzliche Grüsse
    Barbara Seeger

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